Meine Kinder überstanden die Grundschule erwartungsgemäß engagiert und erfolgreich, so dass der Umzug ins Gymnasium kein Problem darstellte. Ich muss ehrlich zugeben, der Gedanke, dass meine Kinder vielleicht kein Abitur machen könnten, hat zeitweilig schwer an mir genagt. Ich halte Hauptschüler nicht für Menschen zweiter Klasse, aber ebenso wie ich es bei mir war, war ich mir auch in Bezug auf meine Kinder sicher, dass sie könnten, wenn sie nur wollten. Zum Glück wollten sie, wenigstens meistens.
Probleme fingen erst an, als meine beiden in die Oberstufe kamen. In der Schule kamen sie ganz gut mit, aber hin und wieder gab es eben auch einigen Unsinn. Meine Tochter hatte es zum Beispiel geschafft, sich am achtzehnten Geburtstag ihrer besten Freundin schon zur dritten Stunde zu betrinken. Sie wurde erst aus dem Klassenzimmer geworfen und kam dann mit dem Bus nach Hause geschlichen, wo sie mit ihrer Freundin weiterfeierte. Das gab natürlich Schelte und einen Rauswurf für den Moment. Weiterfeiern durften die beiden trotzdem, man wird schließlich nur einmal achtzehn Jahre alt.
Die Feierei war grundsätzlich so eine Sache. Als Mutter steht man vor der Wahl: Entweder du verbietest deinem Kind die Party oder du holst es nachts um zwei noch irgendwo ab, damit es nicht selbst fährt und sich betrunken um einen Baum wickelt. Wer glaubt, er habe mit einem Säugling schlaflose Nächte, der soll mal darauf warten, bis die Kinder Teenager sind! Überraschende Gäste über Nacht, die man morgens im Bett der Tochter erwischt und Freundinnen, die schon als Dauergast im Haus wohnen und trotzdem nicht mal aus Höflichkeit anbieten, die Spülmaschine auszuräumen, sind da noch harmlos.
Meinen Sohn hingegen hat kurz vorm Abitur die Panik gepackt. Obwohl er immer gute Noten mit nach Hause gebracht hatte, war er plötzlich davon überzeugt, die Abiturprüfungen nicht bestehen zu können. Als ich ihn morgens zur Prüfung wecken wollte, war ich dementsprechend auch geplättet, als er mir erklärte, die Schule jetzt und sofort hinschmeißen zu wollen. Alles diskutieren nützte nichts, er rührte sich nicht mehr vom Fleck. Also habe ich es mit psychologischer Kriegsführung versucht: Meine Arbeitstasche kam zurück in die Ecke, ich zog wieder meinen Schlafanzug an und lümmelte mich vor den Fernseher. Das weckte dann doch seine Neugier und als ich sagte, ich hätte schlicht keinen Bock mehr, arbeiten zu gehen, besann er sich eines besseren. Er zog seine Sachen an, brach zur Schule auf und schrieb so gute Arbeiten, dass er in zwei Fächern zur Nachprüfung gehen musste. Manchmal können einen Kinder schon verrückt machen.