Wenn Kinder Kinder kriegen

Es ist schon komisch. Als mein Mann und ich unser erstes Kind bekamen, haben wir uns vor unseren Eltern schon ein bisschen geniert. Ich meine, kann man deutlicher zeigen, womit man seine Nächte zubringt? Meine Eltern hingegen waren über ihr erstes Enkelkind vollkommen aus dem Häuschen.

Schon mit 22 Jahren bekam meine Tochter ihr erstes Kind und ich musste ein bisschen schmunzeln. Wie sich die Dinge doch wiederholen. Jetzt war sie es, die sich ein wenig genierte und mein Mann und ich waren die Großeltern, die dabei überhaupt nichts fanden und sich aufs Enkelkind freuten. Zugegeben – ein bisschen zwiegespalten waren wir schon. Himmel, Großeltern! Dabei waren wir doch selbst noch so jung. Keinen gefühlten Tag älter als 30,  immer noch im Beruf, ständig auf Reisen – Menschen, mitten im Leben. Wie sollte ich mich wie eine Oma fühlen können, wenn ich als Oma doch immer die rundliche, alte Frau mit den grauen Locken im Kopf hatte, die früher für mich Kekse gebacken hat? Rundlich? Alt? Grau? Instabil genug, um immer Herztabletten und ein Blutdruckmessgerät in der Nähe zu haben? Ich doch nicht!
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Kleine Kinder, große Kinder

Ich hätte nicht gedacht, dass der Tag einmal kommen würde, doch es ging rasend schnell: Meine Kinder gingen aufs Gymnasium, verstreuten sich dann an verschiedene Universitäten und machten mit Mitte zwanzig schließlich ihren Universitätsabschluss. Wie es bei den Eltern ja schon vorhersehbar war, wurden ein Informatiker und eine Fremdsprachenkorrespondentin daraus. Wir wohnen noch immer in Hessen, doch gerade bei diesen modernen Berufen ist das leider so etwas wie der A… der Welt. Und so war relativ schnell klar, dass unsere Kinder in andere Bundesländer ziehen würden. Ich habe versucht, es auf die leichte Schulter zu nehmen: Wenn ich mal nach München oder Berlin möchte, muss ich mir dort wenigstens kein Hotel nehmen.
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Schon wieder Schule!

Meine Kinder überstanden die Grundschule erwartungsgemäß engagiert und erfolgreich, so dass der Umzug ins Gymnasium kein Problem darstellte. Ich muss ehrlich zugeben, der Gedanke, dass meine Kinder vielleicht kein Abitur machen könnten, hat zeitweilig schwer an mir genagt. Ich halte Hauptschüler nicht für Menschen zweiter Klasse, aber ebenso wie ich es bei mir war, war ich mir auch in Bezug auf meine Kinder sicher, dass sie könnten, wenn sie nur wollten. Zum Glück wollten sie, wenigstens meistens.
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Kinderkram

Es ist bei den meisten Familien der Fall, dass sich irgendwann Kinder einstellen. So auch bei mir. Bereits im Jahr 2007 kam das erste Kind, 2008 folgte das nächste. Ziemlich dicht hintereinander, wie meine Freundinnen es fanden. Tatsächlich scheint es modern zu sein, Kinder eher in einem Abstand von mehreren Jahren zu bekommen. Wie meine Mutter war aber auch ich immer der Ansicht, dass man lieber zwei Kinder „in einem Abwasch“ großzieht, als sich später um verschiedene Bedürfnisse kümmern zu müssen. Ein sechsjähriges Kind verlangt die Aufmerksamkeit seiner Mutter genauso wie ein Säugling. Da man aber nicht beide gleich beschäftigen kann, bleibt unweigerlich ein Kind auf der Strecke.
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Kunst und anderer Krempel

Nach dem Studium zogen wir nach Kassel, denn heutzutage kann man leider nur noch selten an dem Ort bleiben, an dem man geboren wurde. Ich denke, die wenigsten können es sich heute noch leisten, nicht der Arbeit hinterher zu ziehen. Mich selbst verschlug es an ein kleines Kunstmuseum mit Werken von Gerhard Richter, während mein Mann eine Lehrtätigkeit in einer Berufsschule annahm. Alles in allem also keine schlechte Kombination – es sind schon Menschen mit schlimmeren Jobs und weniger Geld hingekommen.
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Die Geschichte einer Präsenz

Bevor es mich gab, waren da nur meine Eltern und zwei – damals noch ziemlich kleine Geschwister. Es war ein Montag, als ich in die Welt gesetzt wurde. Wir schreiben das Jahr 1981 und in den Medien diskutierte man gerade darüber, ob es moralisch vertretbar sei, die inhaftierten Mitglieder der RAF zwangsweise zu ernähren. Der deutsche Herbst war gerade erst überwunden und nach ursprünglichen Sympathien, die viele Menschen anfänglich noch mit der RAF hegten, mussten auch meine Eltern nun einsehen, dass man mittlerweile einfach zu weit gegangen war.

Doch diese Gedanken traten in den Hintergrund, als ich auf der Welt ankam: Stolze 56 Groß und 3.700 Gramm schwer, mit dichtem, schwarzen Haar auf dem Kopf. Es sollte später blond werden und sich verdünnen, aber für den Augenblick sah ich ziemlich niedlich aus. Wie es in den 80er Jahren noch üblich war, steckte man mich erst einmal in einen Strampler aus Polyester und legte mich auf den Bauch. Das erste Foto schoß natürlich der stolze Papa – mit Schnurrbart, wie man ihn damals so trug -, während meine Mutter schon das vierte Kind plante.
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Kindergartenpräsenz

Von meinen großen Geschwistern wusste ich natürlich schon, dass es den Kindergarten ist und was das gibt. Immer, wenn ich mit meiner Mutter und den anderen dorthin ging, war ich schwerst neidisch: Hier gab es einen Spielplatz, Schlafmatten, Spiele, Kekse, nette Erzieherinnen… Ich brannte darauf, selbst endlich in den Kindergarten gehen zu dürfen. Und im Sommer 1985 war es dann endlich so weit: In blauen Latzhosen und einem roten Pulli durfte ich das erste Mal mein eigenes Täschchen packen und in den Kindergarten gehen.

Ich weiß heute nicht mehr, wie meine Erzieherinnen hießen. Ich konnte mir ihre Namen nicht merken. Ich weiß nur noch, dass eine Erzieherin einen so unaussprechlichen Namen hatte, dass ich sie immer „Frau Ketchup“ nannte. Zum Glück hat sie mir das nie übel genommen. Schelte gab es ohnehin nur einmal, nämlich als ich das Kinderplanschbecken im Kindergarten mit Gras und Erde versaut habe. Zur Strafe musste ich den Rest der Pause drinnen verbringen. Frühstücke, gemeinsames Singen mit den anderen Kindern, morgendliches Frühstücken und Beten (es war ein katholischer Kindergarten), Besuche in der Bäckerei, Budenbauen im Wald und natürlich Kartoffelfeuer ließen die Jahre dahinschnellen. Immer, wenn es auf den Sommer zuging, sah ich neidisch meinen Geschwistern zu. Sie durften sich nämlich eine gebastelte Schultüte aussuchen, die sie zum Abschied ihrer Kindergartenzeit erhielten (lustigerweise hingen diese Schultüten, ebenso wie die bunten Geburtstagshüte, an einer Wand im Klo).
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Der Ernst des Lebens

Der Ernst des Lebens begann für mich im Jahr 1987, als meine Großeltern mir zum 6. Geburtstag einen Schulranzen schenkten. Er war knallrosa und ich fand ihn zum Kotzen. Nicht, dass ich was gegen rosa hatte. Aber ich hätte eben lieber so etwas Buntes bekommen, mit Blumen, Tieren oder Pferden drauf. Aber nachdem ich Schelte bezog, weil ich den Schulranzen nach einem Blick in die Tüte unbeachtet im Zimmer stehen ließ und weiter spielte, habe ich das Geschenk natürlich trotzdem entsprechend gewürdigt.

Die nächste Zeit war furchtbar aufregend. Immer wieder gab es neue Schulsachen: Mäppchen und Hefte, Radiergummi, neue Turnschläppchen und, und, und. Und ENDLICH durfte auch ich mir auf dem Kindergartenklo eine Schultüte aussuchen. Was drin war, weiß ich aber nicht mehr. Für die Einschulung bekam ich dann ohnehin eine neue – wieder rosa, aber diesmal von mir selbst ausgesucht und mit kleinen Wölkchen verziert. Ungefähr so wie die Tapeten in den Toiletten, die man in manchen älteren Häusern noch sieht. Naja, was erwartet man von einem kleinen, bebrillten Kind?
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Ein Wechsel

1991 konnte ich die Grundschule dann mit einer Empfehlung fürs Gymnasium verlassen. Interessanterweise waren die Gymnasien bei uns alle entweder privat oder von Nonnen geführt, so dass man zumindest halbwegs behaupten kann, es wäre hier recht elitär zugegangen. Die ersten Jahre in der Sekundarstufe I war ich noch ziemlich fleißig. Ein wenig maulfaul, zugegeben, aber meine Noten in de Klassenarbeiten haben mich immer wieder rausgehauen und so war meine Versetzung nie ein ernsthaftes Problem.

Meine Schule war so ein ehrwürdiger Bau aus dem Ende des 19. Jahrhunderts, wie man es aus diesen „Lümmel von der ersten Bank“ Filmen kennt. Allerdings mussten wir schon nicht mehr aufstehen und im Chor „Guten Morgen“ sagen, wenn ein Lehrer kam. Gebetet wurde aber auch hier noch jeden Morgen, denn ich war wieder in einer katholischen Schule gelandet. Die Beterei hörte erst mit der Oberstufe auf, denn da konnte uns ja niemand mehr zwingen, überhaupt zu kommen.
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Die Reifeprüfung

Mein erster Tag in der Oberstufe begann damit, dass wir uns alle in der Aula versammeln mussten. Klassen gab es in dem Sinne nicht mehr, wir wurden effizient nach Leistungskursen geordnet. Um einander erst einmal genauer kennen zu lernen, veranstaltete unsere neue Stufenleiterin erst einmal ein paar Spiele. Anschließend erhielten wir unsere Stundenpläne. Ich frage mich noch heute, wie es überhaupt schaffbar ist, insgesamt 1.500 Schüler und 150 Lehrer so zu koordinieren, dass keiner beim Unterricht zu kurz kommt.

Drei große Neuerungen gab es in der Oberstufe:

1. Wir durften entscheiden, ob wir mit „Sie“ oder „Du“ angesprochen wurden
2. War ein Lehrer krank, fiel der Unterricht aus und wurde nicht mehr vertreten
3. Wir durften im Unterricht essen und trinken und uns sogar mal schnell ein Brötchen aus der Mensa holen
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