Kunst und anderer Krempel

Nach dem Studium zogen wir nach Kassel, denn heutzutage kann man leider nur noch selten an dem Ort bleiben, an dem man geboren wurde. Ich denke, die wenigsten können es sich heute noch leisten, nicht der Arbeit hinterher zu ziehen. Mich selbst verschlug es an ein kleines Kunstmuseum mit Werken von Gerhard Richter, während mein Mann eine Lehrtätigkeit in einer Berufsschule annahm. Alles in allem also keine schlechte Kombination – es sind schon Menschen mit schlimmeren Jobs und weniger Geld hingekommen.

Die meisten Menschen stellen sich die Arbeit in einem Museum vermutlich langweilig vor: Den ganzen Tag nur herumstehen, sich leise räuspern, wenn Gäste sich falsch verhalten, und hin und wieder mal ein Bild abstauben. Allerdings dürfte es auch keinen wundern, dass ich das anders sehe. Sonst hätte es mich ja nicht ins Museum verschlagen. Ich bin allerdigns auch nicht dafür zuständig, irgendwelche Eintrittskarten abzustempeln und in den Fluren den Wachmann zu spielen. Meine Aufgabe ist es vielmehr, neue Bilder für die Ausstellungen zu finden und diese Ausstellungen zu planen. Die Werke müssen zum Raum und zueinander passen, damit sie ihre bestmögliche Wirkung entfalten können. Die Highlights sind dann auch immer die Eröffnungen neuer Wechselausstellungen, bei denen sich die Spender von Werken und manchmal sogar die Künstler sehen lassen. Dann gibt es dezente Musik, Häppchen und Sekt – ganz so, wie man das aus Filmen kennt.

Wenn ich nicht gerade damit beschäftigt bin, neue Bilder zu entdecken, muss ich mich aber auch mit alltäglicheren Problemen herumschlagen. Hin und wieder müssen die Kunstwerke abgenommen und gereinigt werden. Zu solchen Situationen kommen dann hin und wieder auch Universitätsprofessoren mit ihren Studenten vorbei, um bei der Arbeit zuzusehen. Studenten sind, was sowas angeht, zum Glück ein sehr ehrfürchtiges Völkchen. Ganz im Gegensatz zu Schülern. Erst letztens war eine Kunstklasse aus einem örtlichen Gymnasium da. Die Kinder hatten offenbar nicht viel Interesse für Kunst und waren dementsprechend laut. Das Unglück geschah, als zwei dieser Kinder plötlich zu rennen anfingen. Unsere Alarmanlagen reagieren nicht nur, wenn jemand die Bilder anfasst. Ein paar schnelle Schritte, und schon heulte die Sirene los. Das zieht gleich einen ganzen Rattenschwanz von Reaktionen mit sich, denn die Alarmanlage versperrt nicht nur die Türen (allerdings nicht ganz so dramatisch, wie man das aus Filmen kennt), sondern ruft auch gleich die Polizei hinzu. Tja.. das hat die Eltern der Kinder mal eben 1.500 Euro gekostet. Ein teurer Schulausflug, aber ins Museum sollten eben auch nur die Menschen gehen, die sich dafür interessieren. Für die, die es nicht mögen, ist es nur Quälerei. Und nörgelnde Kinder sind für jeden ernsthaften Museumsbesucher einfach nur nervig.

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