Kinderkrankheiten

Natürlich erinnere ich mich nicht mehr an alles, was ich im Krankenhaus so erlebt habe. Ich weiß noch, dass ich einmal in einen größeren Schlafsaal gebracht wurde, damit ich dort mit den anderen kranken Kindern die Biene Maja im Fernsehen sehen konnte. Vielleicht war es auch ein Spielzimmer, wie man sie auf den Kinderstationen ja auch heute noch häufiger findet. Darüber bin ich mir ebenso wenig sicher, wie darüber, ob man mich einfach irgendwo ins Zimmer gesetzt hat, oder ob ich hinein geschoben wurde.


Besuch bekam ich im Kinderkrankenhaus nur einmal. Auf der Station waren andere Besucher verboten, denn es bestand ja immer die Gefahr, dass der Besucher irgendeinen Virus oder so etwas einschleppte und damit die ohnehin schon kranken Kinder erst richtig in Gefahr brachte. Der große Besuch kam natürlich von meinem Vater und meinen Geschwistern. Da die Station für sie tabu war, trafen wir uns mit ihnen in der Kantine. Ich erinnere mich noch sehr gut an den Raum – er mutete eher wie eine Küche an, denn überall waren polierte Edelstahltische zu sehen und es war ein bisschen dämmrig. Naja, es war vermutlich schon abends, denn mein Vater arbeitete in der Regel recht lang.

Es ist interessant, an wie viele Details ich mich noch erinnere. So bin ich mir zum Beispiel sicher, dass mein Krankenzimmer keine Vorhänge hatte, sondern weiße oder beigefarbene Jalousien. Weniger Erinnerung habe ich an das Essen, aber so etwas interessiert ein krankes Kind ja auch eher selten. Hinzu kommen eine ganze Reihe an kleinen Geistesblitzen, die schon wieder verschwunden sind, ehe ich sie richtig fassen konnte. Das Überraschende an dieser ganzen Geschichte ist übrigens nicht, dass ich solche Details noch weiß. Überraschend ist vielmehr, dass ich zu diesem Zeitpunkt laut den Angaben meiner Mutter noch keine anderthalb Jahre alt war – und dadurch nach wissenschaftlichen Gesichtspunkten eigentlich gar nicht in der Lage, mich an so etwas zu erinnern.

Das war übrigens während meiner ganzen Jugend das einzige Mal, dass ich in einem Krankenhaus war. Höchstens die Ambulanz bekam ich hin und wieder zu sehen, denn durch eine Sehnenschwäche im Knöchel kam es häufiger vor, dass ich auf der Treppe stolperte und die Stufen hinuntersegelte. Eine Verstauchung oder eine Überdehnung der Bänder war zum Glück das Schwerwiegendste, was sich daraus ergeben hatte. Ohnehin war meine schlimmste Erkrankung, bis ich 18 Jahre alt war, eine hartnäckige Migräne, die mir viel Schmerz gebracht und mich noch mehr Zeit gekostet hat. Aber darüber werde ich ein anderes Mal ausführlicher berichten, denn die Geschichte meiner Migräne ist eine sehr kuriose Geschichte. Und das nicht nur, weil ich sie schon im Alter von zehn Jahren bekommen habe.

Dass ich so wenig im Krankenhaus war, ist übrigens überraschend. Als Kinder haben meine Geschwister und ich uns nämlich immer von 5 Meter hohen Kiefern geworfen. Alle paar Meter kamen neue Äste, die uns aufgefangen haben. So war die schlimmste Folge, dass meine Oma wegen der abgeknickten Zweige mit uns schimpfte. Meine Mutter wurde sicher ganz anders, als sie das gehört hat. Denn wie leicht hätten wir abstürzen können?

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