Der Ernst des Lebens

Der Ernst des Lebens begann für mich im Jahr 1987, als meine Großeltern mir zum 6. Geburtstag einen Schulranzen schenkten. Er war knallrosa und ich fand ihn zum Kotzen. Nicht, dass ich was gegen rosa hatte. Aber ich hätte eben lieber so etwas Buntes bekommen, mit Blumen, Tieren oder Pferden drauf. Aber nachdem ich Schelte bezog, weil ich den Schulranzen nach einem Blick in die Tüte unbeachtet im Zimmer stehen ließ und weiter spielte, habe ich das Geschenk natürlich trotzdem entsprechend gewürdigt.

Die nächste Zeit war furchtbar aufregend. Immer wieder gab es neue Schulsachen: Mäppchen und Hefte, Radiergummi, neue Turnschläppchen und, und, und. Und ENDLICH durfte auch ich mir auf dem Kindergartenklo eine Schultüte aussuchen. Was drin war, weiß ich aber nicht mehr. Für die Einschulung bekam ich dann ohnehin eine neue – wieder rosa, aber diesmal von mir selbst ausgesucht und mit kleinen Wölkchen verziert. Ungefähr so wie die Tapeten in den Toiletten, die man in manchen älteren Häusern noch sieht. Naja, was erwartet man von einem kleinen, bebrillten Kind?

Von der Einschulung selbst weiß ich nicht mehr viel. Wir mussten zuerst in die Turnhalle, wo die älteren Kinder irgendeinen komischen Tanz für uns aufführten. Anschließend mussten wir in die Klassenräume – ich landete prompt im Falschen. Nach einer gefühlten Ewigkeit hatten wir dann unser Klassenzimmer gefunden. Mein neuer Klassenlehrer war unheimlich dick. Er rief meinen Namen auf, gab mir ein Namensschildchen, das ich noch nicht lesen konnte, dann durfte ich wieder sitzen. Und um uns herum, stolze Eltern in grauenerregender 80er Jahre-Kleidung.

An zwei Sachen erinnere ich mich besonders gut, was meine Einschulung angeht: Das eine war der Nachbarsjunge Stefan, der in meine Klasse ging. Seine grüne Schultüte reichte ihm bis über den Kopf und war so schwer gewesen, dass er sie nicht tragen konnte. Seine Eltern mussten die Tüte dann wieder ausräumen und mit Zeitungspapier füllen. Ehrlich gesagt war Stefan aber ohnehin etwas schmächtig.

Das Zweite war meine erste Hausaufgabe: Wir sollte mit unserem brandneuen Wasserfarbkasten einen Drachen malen. Also diese Windvogeldinger. Ich war mit Feuereifer bei der Sache und zeigte vermutlich schon damals, dass ich mal ein echter Streber sein würde. Ich hatte kein Lieblingsfach, weil ich die ganze Schule einfach total geil fand. In meine Zeugnissen stand aber immer, im Sport hätte ich besonders Spaß. Und in Handarbeiten war ich immer eine Pottsau. Kunst 1, Häkeln 5, so ungefähr. Gott sei Dank hat man das mittlerweile abgeschafft.

Vier Jahre vergingen. Wir führten Weihnachtsstücke auf, malten Tonnen von Bildern, die im Laufe der Zeit sogar erkennbar wurden, steckten beinahe mit einem Weihnachtsgesteck die Schule in Brand und wurden immer älter (und immer Vorlauter gegenüber den Kleinen.

Schreibe einen Kommentar