Das Unileben

Das Abitur hatte ich in der Tasche. Da blieb nur die Frage: Was mache ich jetzt? Dass ich studieren wollte, war für mich genaus klar wie ich das Abi hatte machen wollen.  Nur welcher Studiengang es sein sollte, das war mir nicht ganz so klar. Fächer mit einem Numerus Clausus kamen wegen meines Abiturs nicht in Frage – und so langsam begann ich, meine Faulheit zu bereuen. Schließlich entschied ich mich dazu, Kunstgeschichte und Jura zu studieren. Diese etwas ungewöhnliche Kombination hatte einen bestimmten Hintergrund: Ich wollte Kunstsachverständige werden. Glücklicherweise fand ich in Münster eine Universität, die mich mit meinen Noten annahm. Also packte ich meine Sachen und zog in ein Kakerlakenverseuchtes Zimmer im Studentenwohnheim. Das Haus war eher trist, aber pünktlich abends um 18 Uhr konnte man zuhören, wie eine Zimmernachbarin „Kontakt“ mit ihrem Freund hatte. Jedenfalls schätze ich, dass es ihr Freund war.

Das Tolle an der Uni war die absolute Freiheit, die man plötzlich genoss: Eltern und Geschwister waren zwei Stunden Autofahrt entfernt. Ich konnte meinen Stundenplan gestalten wie ich wollte, was die Jobsuche erheblich erleichterte. So wurde ich vormittags zur ungelernten Postbotin, nachmittags ging es an die Uni und abends in die nächste Bar. Erstsemesterparties, Fachschaftenparties, Märkte und andere Unternehmungen jagten einander, doch da ich mittlerweile meine Lektion gelernt hatte, hab ich es geschafft, Studium und Freizeit unter einen Hut zu bringen. Das brachte mir dann nach fünf Jahren Studium auch einen wesentlich besseren Notendurchschnitt ein, als ich im Abitur hatte. Und neben einer ganzen Reihe von Freunden hatte ich auch noch meinen zukünftigen Mann kennen gelernt, den ich nach meinem Abschluss heiratete. Mit einem Job im Museum in Aussicht konnte ich meine Alma Mater also mit einem guten Gefühl verlassen. Und meine Eltern waren auch froh, dass ich nicht nur Job und Ausbildung, sondern sogar noch einen Kerl abgekriegt hatte.

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